Paris, Mitte des 18. Jahrhunderts.

Nicolas LeFloch ist neu in der Stadt. Noch grün hinter den Ohren ergattert er eine Stelle bei der Polizei. Schon von Beginn an ist ihm klar: er muss noch viel lernen.

Während er zunächst Hilfsarbeiten ausführt, wird er in dem Haus des Commissaire Lardin untergebracht. Schnell freundet er sich mit dessen Tochter und dessen Haushälterin an. Doch zu Frau Lardin erhält er einfach keinen Zugang. In einem Moment ist sie furchtbar kalt und abweisend, im nächsten versucht sie den jungen Mann mit ihren Blicken zu verführen. Dann verschwindet Commissaire Lardin. Nicolas wird mit dem Fall betraut – eine Ehre. Bald schon findet er heraus, dass hinter allem mehr steckt, als nur der Fall eines Verschwundenen. Es ist ein Geheimnis von nationaler Tragweite, dem sich LeFloch mit großen Schritten nähert.

Dies ist der erste Fall des Commissaire , der im Original bereits im Jahr 2000 erschienen ist. Wir begegnen in diesem Roman einem jungen und zunächst noch sehr zurückhaltenden, ja fast in sich gekehrten jungen Mann. Er ist ein Findelkind, der bei seinem Patenonkel aufwuchs. Kein Mann von Rang also. So ist er sich der außerordentlichen Ehre bewusst bei der Pariser Polizei eine Stelle zu finden. Er trauert seinem Leben daheim immer noch nach, vor allem der schönen Tochter seines Patenonkels. Doch die Ereignisse in Paris nehmen seine ganze Aufmerksamkeit in Beschlag. Und nicht nur die. Besonders das Essen hat es Nicolas bzw. dem Autor angetan. Nichts wurde im knapp 500 Seiten langen Roman öfter besprochen als die Zubereitung unterschiedlicher Gerichte. Mag sein, dass es in der Summe weniger ist als behauptet, dennoch hatte das Ganze eine unglaubliche Präsenz. Auch sonst ist der Autor geneigt, bei einzelnen Szenen länger zu verweilen als nötig.

Ein Beispiel.

Nicolas ist in Eile und möchte seinem Chef etwas mitteilen. Er selbst ist verletzt, der Sekretär lässt ihn durch, er betritt den Raum und merkt, dass der Chef noch einen anderen Gast hat. Er belauscht das darauf folgende Gespräch. Doch dieses dauert so lange, dass man über die Seiten vergessen hat, dass erstens Nicolas noch in der Ecke steht und zweitens was er überhaupt wollte.

Der Roman als Einstiegsroman in eine Reihe von weiteren Kriminalfällen funktioniert nur bedingt, da die Handlung stellenweise doch recht zäh verläuft. Die Figur des Nicolas LeFloch jedoch wirkt sympathisch auf den Leser. Man beobachtet die Wandlung von einem schüchternen Mann in einen Ermittler. Diese Wandlung vollzieht sich schrittweise und immer angemessen. So verliert er nicht an Glaubwürdigkeit. Auch wenn die jugendliche Naivität bisweilen dann auf die Nerven zu gehen beginnt, wenn unser Polizist mal wieder in eine Falle tappt.

Der Roman hat seine Schwächen. Doch sind diese nicht so gravierend, dass man dem zweiten Roman keine Chance geben könnte. Vielleicht entwickelt sich mit seinem Werk nicht nur die Figur, sondern auch der Autor weiter. Ein paar Kürzungen hier und da würden dem Ganzen gut tun. Dennoch war der Fall komplex, gut strukturiert und am Ende sogar – ein bisschen zwar nur aber immerhin –  überraschend.


3.5/5