Der Junge und der Revolvermann

Jake Chambers erwacht aus einem weiteren Albtraum. Er sah Kinder, die auf einer Wiese spielten, aber sich in Gefangenschaft befinden. Eines der Kinder wird von Rattenwesen mit Menschenmasken in eine Kammer geschleift und an eine Apparatur angeschlossen. Ein heller Lichtstrahl schießt in die Höhe und schlägt in einen großen, dunklen Turm ein und erschüttert die gesamte Existenz. Jake ist sich sicher, dass dieser Turm nicht nur ein Traum war. Denn er träumt schon vom Turm, von einem Mann in Schwarz und einem Revolvermann. Endgültige Gewissheit erlangt er, als zwei sich merkwürdig verhaltende Menschen ihn in ein Heim stecken wollen. Jake flieht und findet sich bald im postapokalyptischen Midwelt wieder. Hier trifft er direkt auf Roland Deschain, den letzten Revolvermann. Von Rache an dem Mord seines Vaters durch den Mann in Schwarz besessen, hat Roland seine Mission, den Turm zu beschützen, vergessen und verfolgt ihn erbarmungslos. Doch wenn der Turm fällt, werden alle Welten dem Bösen von Außen zum Opfer fallen. Das kann Jake nicht zulassen und überzeugt Roland, ihm zu helfen…

Mutiges Unterfangen

Der dänische Regisseur Nikolaj Arcel hat sich der Aufgabe gestellt, Stephen Kings achtbändige Romanreihe ‚Der dunkle Turm‘ zu verfilmen. Bekannt ist er vor allem als Drehbuchschreiber für die Verfilmung der Millenium-Trilogie, die sich in ihrer Interpretation große Freiheiten nahm und die handelnden Personen völlig anders darstellt, als es die Romane taten. Dem Gegenüber steht Stephen Kings Magnum Opus. Der erste Roman ‚Schwarz‚ erschien 1982. 2004 endete die Reihe mit ‚Der Turm‘. Dazwischen haben die Leser Roland und sein Ka-Tet, Midwelt, Walter O’Dim und den scharlachroten König kennengelernt. Herausgefunden, wie alle Welten durch den Turm verbunden sind und gelitten, wenn die Protagonisten leiden mussten. Das alles in knapp über neunzig Minuten Spielzeit zu packen erscheint also wie ein gewagtes Unterfangen. Um es vorsichtig auszudrücken.

Blasse Charaktere mit (fast komplett) starker Besetzung

Wie schafft man es also, so viel Inhalt in einen Film zu bekommen? In dem man die bekanntesten Charaktere nimmt und eine eigenständige Geschichte erzählt, die nur vom Rahmen her was mit den Büchern zu tun hat. So werden die handelnden Charaktere auf Jake Chambers (Tom Taylor), Roland Deschain (Idris Elba) und Walter O’Dim (Matthew McConaughey), den Mann in Schwarz, beschränkt. Wer also auf Eddie und Odetta Holmes / Detta Walker gehofft hat, erlebt schon seine erste Enttäuschung, denn es ist nie von einem Ka-Tet die Rede. Natürlich ist eine Fokussierung aufs Wenige durchaus nützlich, da man sich mehr Zeit für diese Personen nehmen kann. Leider nutzt der Film diesen Umstand nicht und jede Figur bleibt bis zum Ende blass. Zumindest werden Roland und Walter gut gespielt, daran merkt man, was für gute Schauspieler Elba und McConaughey sind. Tom Taylor hingegen bleibt als junger Jake einfach nur unglaubwürdig. Während die anderen beiden die fehlende Charaktertiefe mit Talent wett machen, bleibt der Hauptfigur beides verwehrt. Selbst die Beziehung zwischen Roland und dem Jungen will nicht gelingen, da Jake einfach alles sofort hinnimmt und auch Roland schnell eine Freundschaft zu ihm aufbaut, was einfach dem Charakter zuwider läuft.

Gehetztes Chaos

Bei der Handlung findet man ebenfalls kaum positive Eigenschaften. Erst einmal ist alles sehr gehetzt. Kaum wurde Jake vorgestellt, landet er schon in Midwelt, die Entwicklung zwischen Jake und Roland wird mit einem Dorfereignis abgeschlossen und schon befinden sie sich wieder in der fundamentalen, also unserer Welt. Da wird ein bisschen Action gezeigt um dann schnell beim großen Finale zu landen, das auch schneller vorbei ist, als man sehen kann. Dann ist alles mit Referenzen zu anderen King-Werken durchzogen. Grundsätzlich keine schlechte Sache, aber der Film übertreibt es maßlos und packt den größten Holzhammer aus, den er finden konnte.
Der letzte Punkt ist die charakterliche Abweichungen zu den Büchern. Die Grundlage Rolands war, dass er den Dunklen Turm sucht. Im Film ist es Rache und der Turm ist ihm vollkommen egal, was auch der Hauptkonflikt zwischen ihm und Jake ist, der den Turm schützen will. Der Turm wird dann nur ab und zu gezeigt, wenn er wieder angegriffen wird. Der Film schließt in sich auch ab und dampft damit alles komplett ein, was die Bücher aufgebaut haben.

Für niemanden geeignet

Doch selbst Zuschauer, die die Reihe nicht kennen, werden hier einen Film zu sehen bekommen, der knapp unter Durchschnitt liegt. Die Bilder sind nicht spektakulär, die Effekte wirken billig und alles wirkt einfach chaotisch zusammengewürfelt. Im Endeffekt kann man den Film niemanden empfehlen. Als Einstieg in das Universum weicht er zu sehr von der Basis ab und erklärt nichts. Als eigenständiges Werk ist es einfach zu substanzlos und als Kinofilm ist er einfach nicht bombastisch genug. Im TV oder bei Streaminganbietern wie Netflix kann man ihn vielleicht mal schauen, wenn man wirklich nichts zu tun hat, oder wirklich neugierig ist. Schade um die beiden Spitzenschauspieler. Mögen ihre Tage auf der Erde lang sein.


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