Epiphane ist der hässlichste Mensch, den die Welt je gesehen hat.

Dies ist nicht etwa das Urteil oberflächlicher Menschen oder Medien, sondern Epiphanes eigene, realistische Einschätzung. Er weiß, was er ist und wie andere ihn sehen. Seine Worte sind keine Übertreibung. Jeden Tag tritt er der Realität im Spiegel entgegen. Sie ist hart und wirklich obszön hässlich. Doch der junge Mann hat gelernt damit zu leben.

Bei einem Casting – bei dem ein hässlicher Mann gesucht wird und für dessen Rolle selbst Epiphane tatsächlich zu hässlich ist – lernt er seinen Engel kennen. Es ist Ethel. In einer ungerechten Situation eilt sie ihm zu Hilfe, scheinbar blind für sein Äußeres. Selbst gleicht sie in Epiphanes Augen einer Göttin, so voll reiner Schönheit. Schnell baut sich eine Bindung zwischen diesen beiden Menschen auf, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie werden enge Vertraute. Alle Liebe für sie versteckt er gut, denn das was er hat, möchte er nicht verlieren. Die Beziehung bekommt jedoch Risse, als sich Ethel in einen anderen Mann verliebt. Dieser Schnösel kann nicht gut genug für seinen Engel sein. Epiphane sieht sich zum Handeln gezwungen.

Die Schöne und das Biest

Oftmals wird dieser Roman mit der oben genannten Geschichte verglichen. Doch eine viel eindeutigere – und auch im Roman genannte – Parallele tut sich auf:  Epiphane vergleicht sich selbst mit Quasimodo, dem hässlichen Glöckner, der sich unsterblich in Esmeralda verliebt. Wenn der junge Mann über sich und seine Ansichten nachdenkt, sind seine Gedankengänge oft geprägt von psychologischen Analysen, die auch das Thema dieses Romans widerspiegeln. Es ist der alte Kontrast zwischen Schön und Hässlich. Der Ärger über die Oberflächlichkeit der Menschheit. Die Welt, die das Äußere eines Menschen verurteilt und sich nicht die Mühe macht ins Innere zu schauen.

Allerdings weicht die Autorin in ihrem Roman von den klassischen Mustern ab. Wo normalerweise das Schöne rein ist oder wahlweise auch die Thematik der äußeren Schönheit und der inneren Hässlichkeit auftritt und wo das Hässliche ein reines Herz besitzt,  so sagt Epiphane von sich selbst, dass er keinen schönen Charakter besitzt. Er ist ein Mann wie jeder andere Mann auch. Mit Bedürfnissen und Vorstellungen von Schönheit, für die er empfänglich ist. Warum sollte er als hässlicher Mann eine hässliche Frau erwählen? Nur weil die Gesellschaft denkt, dass diese Frau zu ihm passt, dass sie das ist, was er nur kriegen kann? Warum darf er sich nicht das Schöne erhoffen? Die Liebe einer schönen Frau? Und gerade hier drin liegt der Widerspruch des Protagonisten (der ihm auch durchaus bewusst ist). Er selbst ist oberflächlich und stellt die Schönheit an erster Stelle. Gleichzeitig möchte er, dass Ethel über seine Hässlichkeit hinwegblickt und sein Inneres sieht: ihre Freundschaft, sein Verständnis für sie – ihren Geist und ihre Art. Er erwartet von ihr etwas, was er selbst nicht geben kann.

„Dieses Unglück ist mein Schicksal. Daher ist es unausweichlich; ich muss mich dem Willen der Götter fügen.“

Gewohnt schnell und mit guten Dialogen erzählt die Autorin diese Geschichte, die immer wieder zur ihrem Hauptthema zurückkommt: der Schönheit. Alles dreht sich darum. Durch seine Äußerlichkeiten ist Epiphane gefangen in seinem Denken. Seine Gedanken kreisen nur um Schönheit und Hässlichkeit: Das ist sein Horizont. Darüber hinaus gibt es für ihn nichts. Das Ganze ist als Drama angelegt und gipfelt in einer Tat, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Er sieht dies als einen Akt seiner Liebe und zeigt doch nur seinen wirren Geist.


4/5