Schlump oder auch „Geschichten und Abenteuer aus dem Leben des unbekannten Musketiers Emil Schulz, genannt ›Schlump‹, von ihm selbst erzählt“ handelt von einem gerade mal siebzehn Jahre alten Jungen, der stolz in den Krieg auszog, um seinem Vaterland zu dienen. Er lässt nur seine traurige Mutter und seinen fleißigen Vater zurück und ein Mädchen, dass er bald vergessen haben wird.
Doch so stolz er auch ist und so freiwillig er in den Krieg zieht, so begreift er gar nicht die Tragweite seines Glücks, als er nicht an die Front sondern in ein kleines französisches Dorf geschickt wird. Dort soll er für Ruhe und Ordnung sorgen. Schlump ist noch jung und ein wenig naiv und weiß gar nicht so recht etwas mit seinem neuen Posten anzufangen. So zeigt er sich trotz des Krieges und der Besetzung sehr menschlich, was ihm die Bewohner des Dorfes mehr als danken, auch wenn sie sich manchmal über ihn lustig machen.

Diese Zeit währt nur ein Jahr, dann ereilt ihn doch das Schicksal: die Front. Doch immer noch ist er der stolze Soldat. Eine Weile noch, begleiten wir als Leser einen jungen Mann, der nicht begreifen kann, was mit ihm geschieht, der seinen Witz und seinen Charme nicht verliert und alles mit den Augen eines naiven, aber nicht dummen Menschen betrachtet. Er bleibt meistens heiter, auch wenn ihn Hunger und Müdigkeit quälen, lauscht den Geschichten anderer mit der ihm eigenen Unbedarftheit, hangelt sich von Mädchen zu Mädchen. So bekommt auch dieses Buch zunächst gar nicht die Schwere, die eine solche Thematik eigentlich mit sich bringt. Erst viel später erleidet Schlump die Realität des Krieges – seine ganze Brutalität. So rettet er einen verunglückten Soldaten und kommt trotzdem zu spät, darf nicht richtig schlafen und leidet den größten Hunger seines Lebens.

Was den Charakter des Schlumps so faszinierend macht ist seine stetig bleibende Unbedarftheit. So viel er auch sieht, so viel er auch erlebt, so viel er zu  kämpfen hat, sei es gegen den Feind oder um sein eigenes Überleben: Schlump verliert nie seinen Optimismus, seine Fröhlichkeit. Nur einmal ergreift ihn die Macht des bösen Krieges, als er etwas sehen muss, dass er lange nicht zu überwinden scheint. Doch mit ihm ist das Glück. Er schlägt sich durch jede Situation. Auch als der Krieg kein Ende nehmen will aber die Niederlage schon unvermeidlich ist, Strukturen aufgelöst sind, Soldaten keine Befehle mehr befolgen wollen, als niemand mehr weiß, wer sein Befehlshaber ist, kommt er immer wieder davon, macht sich auf zu seiner Heimreise.

Schlussendlich endet das Buch so, wie es für Schlump richtig und gut ist. Und trotz aller Naivität des Protagonisten verfehlt die Geschichte nicht seine Wirkung. Geschildert wird der Krieg hier aus den Augen eines jungen Mannes, der gern in den Krieg zog, ihn zunächst als etwas Postitives erlebte, dann aber doch all die Grässlichkeiten in ihrer reinen Brutalität und Realität mit ansehen musste. Und letztere Szenen sind es auch, die dem Leser im Gedächtnis haften bleiben, die Grimm mit einer Eindringlichkeit und Detailverliebtheit hervorgehoben hat, um den Roman zu dem zu machen, was er ist: Ein Antikriegsroman.

Umso dramatischer scheint auch nach der Lektüre dieses Buch die nachgestellte Kurzbiografie des Autors. Selbst im ersten Weltkrieg ausgezogen, schrieb er nach seinen Erlebnissen diesen Antikriegsroman. Doch aufgrund des zeitgleich erscheinenden „Im Westen nichts Neues“ erlangte die Geschichte um Schlump nicht die Bekanntheit, wie der Autor sie sich gewünscht hätte. Erschwerend hinzu kam, dass er als Autor selbst nicht erkannt werden wollte und anonym schrieb. Das sollte ihm im zweiten Weltkrieg zwar zugute kommen, da dort solche Art von Literatur verbrannt wurde, doch am Ende konnte ihm selbst die Bekenntnis zu seinem Werk nichts mehr nützen. Nicht jeder hat soviel Glück wie Schlump.


4/5