Der Hund war sein treuester Gefährte.

Er hätte nicht gewusst, was er ohne ihn gemacht hätte. Der Hund hat ihn gelehrt, wieder zärtlich zu anderen Lebewesen zu sein. Nur den Namen – seinen gottverdammte Namen – kann er nicht aussprechen. Namen bedeuten Nähe und Nähe ist das Letzte, was Lee ertragen kann.

Zu viele hat er gehen sehen. In diesem Krieg. In Vietnam. Zu viele verloren. Vor niemanden ist man sicher, jeder ist dein Feind. Jeder will dich töten. Und so kann er es nicht ertragen unter Menschen zu sein. Lee lebt im Wald mit seiner Frau. Das Kind ist schon lange nicht mehr da und auch seine Frau muss gehen. Er weiß nicht, wie lange er sich noch unter Kontrolle hat. Nachts kommen die Bilder, die Schüsse, das Blut.

Der Hund und er sind allein, doch eines Tages kommen sie. Dringen in seinen Wald ein und stehlen seine Ernte.

Was Lee nicht wissen kann: Der Schriftsteller Kelsey fährt um ein wenig Abstand zu seinen nicht gelingen wollenden Buch zu bekommen mit seiner Frau, seiner Geliebten, seinem Agenten und zwei Fotografen in den Wald zum Camping. Nur ein paar Tage: ein bisschen Jagen, ein bisschen Fischen, ein paar Fotos machen, um im Pressegespräch zu bleiben. Ruhe und Einklang ist das was Lee braucht, aber es dauert nicht lange, dass Lee diese Bedrohung aus dem Weg schaffen will und sie einen nach dem anderen töten will.

Zum Vorwort zu Jagdtrip beschreibt Jack Ketchum sehr eindringlich und faszinierend seine Recherchearbeit bezüglich des Charakters „Lee“. Niemand, den er kannte, wollte mit ihm reden, nur einen einigen fand er. Dieser Mann und seine Frau erzählten Ketchum stundenlang ihr Leben. Sein Leben während des Vietnam-Einsatzes. Sein und ihr Leben nach dem Krieg.
So wird für den Leser der Mann in die Person Lee projiziert und lebt durch seinen Hintergrund, seine Authentizität und seiner Glaubwürdigkeit.

Lee kehrt aus dem Vietnamkrieg zurück und bekommt zu Hause nicht die psychologische Behandlung, die er eigentlich gebraucht hätte. So kämpft er dauernd mit seinem Inneren. Kann niemals abschalten, witter überall Gefahr. Und eigentlich liebt er das Fallen stellen und das Töten.

So gut die Figur des Lee ausgearbeitet ist, so teilweise flach dagegen wirken die restlichen Charaktere. Nur die Gruppierung um Lee, seiner Frau Caroline und seiner Geliebten Michelle lebt allein durch die Konstellation. Caroline akzeptiert Mich als Geliebte ihres Mannes. Sie empfindet zunächst keine Eifersucht und auch Mich ist zufrieden mit dem , was sie da hat. Gemeinsam versuchen sie Kelsey in seinem Tun als Schriftsteller zu unterstützen und ihm Kraft zu geben.

Insgesamt empfinde ich das Konzept, auf dem das Buch aufgebaut ist, als sehr schwieriges Thema. Ketchum schreibt fließend und seine Recherche verleiht gerade diesen Teilen im Buch Kraft und Ausdrucksfähigkeit, währenddessen das Konstrukt drumherum langatmig und vorhersehbar bleibt.

Das Ketchum schreiben kann steht außer Frage, denn eindrucksvoll hinterließ er seine Spuren im Herzen des Lesers mit dem Roman „Evil“. Leider konzentriert er sich hier zu sehr auf den einen Charakter, bei dem er hätte bleiben sollen und den er vielleicht auch in das entsprechende Setting hätte stecken sollen. So zogen sich die Seiten eher zäh als spannend. Schade.


3/5