„Ein Leseerlebnis, so intensiv, dass es ästhetische Kategorien geradezu über den Haufen zu werfen scheint…geschrieben in einer kostbaren, einfachen und doch poetischen Sprache,“ – New Republic

…so der Klappentext. Und entweder ich habe das Buch zu einem falschen Zeitpunkt gelesen oder ich bin ein Kulturbanause. Obwohl mir vom selben Autor „Die Straße“ außerordentlich gut gefallen hat, konnte mich dieser Roman nicht in seinen Bann schlagen.

McCarthy schreibt gut, keine Frage. Der Text ist etwas gewöhnungsbedürftig aufgebaut. Beginnt meist mitten auf der Seite, hört irgendwann abrupt auf. Der nächste Abschnitt behandelt dann eine andere Stelle der Geschichte. Zu Beginn war mir nicht ganz klar, ob es sich um eine lineare Erzählung handelt, oder ob Rückgriffe in die Vergangenheit passieren.
Doch wir beginnen irgendwann in Lesters Leben, als er schon ein von der Gesellschaft Ausgestoßener ist. Sein Grundstück soll verkauft werden und er weigert sich mit all seinen Möglichkeiten: Seinem Gewehr. Er hat schon lange kein Geld und keine Lust mehr, das Stück Land und das Haus darauf in Schuss zu halten. So lebt er dort. Mehr als Schutz vor dem bevorstehenden Winter bietet ihm die Unterkunft auch nicht mehr und eines Tages brennt sie ganz nieder und er zieht in Berge.
Ihm ist egal, was andere von ihm denken, was zählt ist das Gewehr und die Frauen. Doch lebend sind sie von ihm abgestoßen. Denn trotz dessen er mit siebenundzwanzig eigentlich am Beginn der Blüte seiner Jahre steht, ist er ein ziemlich unangenehmer Zeitgenosse, der pöbelt, laut ist und sich mit zwielichtigen Gestalten am besten versteht. Ein Mann, um den man besser einen Bogen macht. Besonders als Frau.

Das Buch ist geprägt durch männliche Charaktere, die sich mehr als männlich verhalten. Zum Beispiel der Sheriff, der alles versucht, um Lester was nachweisen zu können oder eben Lester, der nur soviel bezahlt, wie es ihm gerade passt.
Ansonsten war es gerade zu Beginn mehr als verwirrend. Wer ist hier der Erzähler? Auktorial? Einer der Deputys? Immer wieder scheint es so, als würde einer der Polizisten mit einem anderen reden, als würde er ihm die Geschichte im Nachhinein erzählen. Dieser Aspekt wird, je weiter die Geschichte sich entwickelt, in den Hintergrund gedrängt. Dann liegt der Fokus nicht immer auf Lester, sondern auf Kleinigkeiten, die in der Stadt passieren. Und so war es für mich schwierig, die richtigen Verbindungen zu knüpfen. Erst als zum Ende die Geschichte immer linearer und klarer wurde, konnte man der Handlung folgen und den Schreibstil des Autor richtig auf sich wirken lassen.
Den Charakter Lester in seiner Gleichgültigkeit gegenüber seinen Opfern, der diebischen Schläue gegenüber der Polizei und dem menschliche Drang auch unter widrigsten Bedingungen zu überleben.
Doch für mich kommt es einfach nicht an die Macht von „Die Straße“ heran. Eine schwierige Lektüre. In vielerlei Hinsicht.


3/5