Sechs Menschen, deren Geschichte unterschiedlicher nicht sein kann. Sechs Querschnitte durch die Zeiten der Welt. Sechs Erzählungen, die in ihrem Stil nicht verschiedener hätten sein können. Und über allen schwebt das Wolkenatlas-Sextett.

Adam Ewing ist Anwalt und Notar. Er erforscht Mitte des 19. Jahrhunderts die Meere und begegnet dabei Henry Goose, der sowohl Arzt, als auch sein engster Freund wird. Ewing ist geplagt von seiner Hypochondrie, da ist ihm der Arzt eine willkommene Begleitung. Auf einer Schiffsreise entdeckt Ewing einen blinden Passagier, den Inder Autua und verschafft ihm eine Anstellung an Bord. Dieser Dienst soll ihm das Leben retten.
David Mitchell beschreibt die Abenteuer des Adam Ewing im Stile eines Reiseberichtes. Dieser bildet sowohl den Auftakt, als auch den Abschluss dieses Romanes.

Robert Frobisher ist Student der Musik und verarmter Komponist. Auf der Suche nach einem kleinen Verdienst und der Flucht vor seinen Gläubigern reist er zum Künstler Ayrs. Dieser ist ein alter, verbitterter Mensch. Robert bringt ihn dazu, wieder zu komponieren, doch je länger das Dienstverhältnis der beiden Männer dauert, umso gieriger wird Ayrs, umso wahnsinniger Frobisher.
Frobisher schreibt Briefe an seinen alten Geliebten Rufus Sixsmith, der ihm eine moralische als auch finanzielle Stütze ist. Dieser Briefverkehr wird dem Leser als einseitig präsentiert. Nur aus den Briefen an Sixsmith erfährt man Stück für Stück die Geschichte des Komponisten Frobisher, der auch das Wolkenatlas-Sextett schrieb und den Reisebericht Ewings las.

Luisa Rey will in die Fußstapfen ihres berühmten Vaters treten, seines Zeichens Journalist. Doch ihre Karriere steckt zum Zeitpunkt der Erzählung in einem kleinen Klatschblatt fest. Als sie nach einer Party im Aufzug feststeckt, ist sie froh, nicht alleine zu sein, denn wie es der Zufall so will, ereilt auch Rufus Sixsmith dasselbe Schicksal. Rufus birgt ein Geheimnis und so gerät Luisa in ihren ersten großen Fall. Rufus war Wissenschaftler bei HYDRA, deren Energiepolitik nicht unbedingt auf Sicherheit bedacht ist. Ein Bericht von ihm soll nun an die Öffentlichkeit, doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht.
Luisa Reys erster Fall ist ein spannender Kriminalroman. Kurze Kapitel geben hier Einblicke und führen durch Luisas Leben. Durch Sixsmith kommt sie an die Briefe von Robert Frobisher, sowie sein Wolkenatlas-Sextett.

Timothy Cavendishs Geschichte kommt weniger ernst daher. Es gleicht eher einer Komödie. Cavendish ist Verleger. Doch seine Mätzchen sind seiner Familie bald über und so wird er hinterrücks in ein Seniorenheim verfrachtet, dass er zunächst für ein Hotel hält. Doch Cavendish ist kein Mensch, der leicht aufgibt und so wird der spektakuläre Ausbruch geplant. Cavendish wird das Manuskript zu Luisa Reys erstem Fall zugeschickt.

Sonmi~451 ist ein sogenannter Duplikant, genomiert darauf, bei Papa Song zu arbeiten und zu dienen. Doch wird sie zum Experiment einer Gruppierung namens Union. Sie wird dazu gebracht ein eigenes Bewusstsein, eine eigenen Intelligenz zu entwickeln. Sonmi muss fliehen, denn ihr Aufstieg ist durch die Gesellschaft nicht erwünscht und doch hat sie etwas zu sagen.
Sonmis Geschichte gestaltet sich in Form eines Interviews, kurz vor ihrem Tod. Der Archivar befragt sie zu den Ereignissen von Beginn ihres Aufstieges bis zum Zeitpunkt der Hinrichtung. Als letzten Wunsch will Somni den Film zu Timothy Cavendishs Leben ansehen.

Endzeit. Zachry, 16 Jahre alt, wohnt mit seiner Mutter und seinen Geschwistern auf einer Insel. Es sind kaum Menschen übrig geblieben und es entwickelten sich neue Stämme. Eines Tages kommt ein Schiff der sogenannten Prescient, die mehr Intelligenz besitzen als die Inselbewohner. Als eine von ihnen einige Monate auf der Insel verbringen will, schürt dies das Misstrauen in Zachry. Doch schon bald muss er erkennen, das die Wahrheit größer ist, als er sich es je hätte erträumen können.
Zachrys Geschichte ist in der Ich-Perspektive erzählt. Zachry erzählt seinen Enkeln wie die Prescient auf die Insel kamen. Die Sprache ist hierbei die größte Besonderheit, denn sie ist sehr einfach und simpel. Sowohl bei den Inselbewohnern, als auch außerhalb der Insel wird Sonmi als eine Art Göttin verehrt.

Der Roman ist sehr komplex, sehr abwechslungsreich und vor allem: sehr spannend. Durch das gesamte Buch zieht sich ein roter Faden, Charaktere tauchen immer wieder auf, Motive wie das Muttermal erscheinen durchgängig. Jede Geschichte besitzt seinen einzelnen Charme durch die unterschiedliche Erzählweise. So etwas zu konstruieren und dann in dieser Form umzusetzen, ist einfach nur genial. Wer so wie ich keine Abenteuergeschichten von Schiffen und Reisen mag, ist trotzdem gut bedient. Denn selbst dieser Teil fügt sich hervorragend in das Gesamtbild. Jede Geschichte hat ihre Berechtigung. Bis zur Mitte sind die Geschichten nach ihrer historischen Chronologie geordnet, ab der Mitte in umgekehrter Reihenfolge.

weiß

Dieses Buch ist einfach nur fantastisch. David Mitchell nimmt den Leser mit auf eine Reise durch die Zeit, sowohl vergangene als auch zukünftige. Der Autor hat mit diesem Buch ein Meisterwerk geschaffen. Unablässig ist man gezwungen, über Vergangenheit und Zukunft nachzudenken, über seine eigene Stellung in der Welt, über Leben und Tod und ob die Menschheit es letztendlich schafft, sich doch zugrunde zu richten.

 

 


5/5