Olive Salter bekommt eines Tages einen Brief von einem Verehrer ihres Buches. Noch ahnt sie nicht, dass dies der Anfang einer langwährenden und intensiven Freundschaft wird. Denn der Brief stammt von niemand geringeren als Dr. Henry St. Liver, einem bedeutenden Spezialisten der Sexualkunde. Schon bald beginnt Olive Henry immer öfter zu begleiten. Der Doktor wird von der Polizei in einigen pikanten Fällen zurate gezogen, die nicht immer ganz der englischen Moral entsprechen. Als Olive dann noch beginnt, die Fälle aufzuschreiben und der Öffentlichkeit zu präsentieren, kann sich Henry vor Aufträgen kaum retten.

Was wir hier haben ist eine gut gemachte Parodie, oder sollte man eher sagen Hommage, an den großartigen Sir Arthur Conan Doyle. In jeder Zeile und mit jedem Wort erkennen wir unseren geliebten Sherlock Holmes und das London der damaligen Zeit wieder. Lediglich die Protagonisten und sonstigen handelnden Figuren sind andere.
So verkörpert hier Dr. Henry St. Liver den genialen Detektiv, der anhand kleinster Details einen Fall zu lösen vermag. Oder die aufgeweckte Olive Salter, die sich einen Namen an der Seite des Doktors macht, indem sie seine Fälle begleitet und sie der breiten Masse zugänglich macht. Und wäre dem noch nicht genug, finden sich auch allerhand große Persönlichkeiten zu einem Stelldichein ein. So lernen wir zum Beispiel Oscar Wilde von einer ganz anderen Seite kennen.

Die acht Fälle sind, wie ihre Vorlagen aus den Geschichten Doyles, kurz und bündig erzählt. Gary Dexter strotzt vor Sprachgewandtheit und eigenwilligem Charme. Anders als in den Sherlock-Holmes-Geschichten hat St. Liver es hier nicht vordergründig mit Mord oder Totschlag zu tun, sondern Dexter transportiert seine Erzählungen in die Sexualkunde. So deckt sein Doktor die tiefgründigsten Bedürfnisse eines Menschen und seine abnormale Leidenschaften auf. Dabei geht es weniger um die tatsächliche Straftat, als vielmehr um die öffentliche Anerkennung und Akzeptanz solcher Gelüste, solange sie niemandem ernsthaft schaden. Und so gelingt es dem Autor, obwohl die Geschichten in einer fast fernen Vergangenheit spielen, moderne Themen und Diskussionen mit einzubinden.
Ein hervorragendes Buch voller Anspielungen, Satire und Lust.


4/5