Der König in Gelb: Ein Theaterstück, dessen erster Akt dem Leser harmlos erscheint, jedoch einen zweiten Akt besitzt, der alle, die ihn lesen, wahnsinnig werden lässt. Im gleichnamigen Buch sind insgesamt sieben Kurzgeschichten von Robert W. Chambers zusammengetragen. Die Erzählungen treten in folgender Reihenfolge auf:

Der Wiederhersteller des guten Rufes
Der als allgemein verrückt angesehene Mr. Wilde stellt gegen Bezahlung den Ruf anderer Menschen wieder her. Zusammen mit dem Protagonisten Hildred Castaigne sitzen sie aber an einem weitaus größeren Plan als Reichtum, denn sie haben hinter die Kulissen gesehen und kennen die Wahrheit.
Ein guter Auftakt, bei dem der Leser immer mehr merkt, dass etwas nicht stimmt. Es muss sich vor Augen geführt werden, dass die Geschichte 1920 angesiedelt ist und damit in der Zukunft des Autors spielt.

Die Maske
Der Bildhauer Boris zeigt dem Künstler Alec seine neuste Entdeckung, mit derer sich lebende Objekte in reines Marmor verwandeln lassen können. Ein schicksalsträchtiges Ereignis lässt das Leben beider kurz darauf erschüttern.
Diese Geschichte entwickelt sich zunächst langsam, nur um dann plötzlich den Leser mit mehreren Ereignissen zu konfrontieren. Der Horror agiert im kleinen Rahmen, ist jedoch gut gesetzt.

Am Hofe des Drachen
Während einer Predigt fällt dem Protagonisten eine Person auf, die ihn beobachtet und danach ständig zu verfolgen scheint.
Eine gute Geschichte, die einer Erzählung von Ambrose Bierce ähnelt und auch vergleichbar gut unterhält.

Das Gelbe Zeichen
Auf seinem Weg zum Atelier begegnet ein Maler einem Mann auf dem Friedhof, der ihn bis in seine Träume verfolgt.
Eine weitere solide Erzählung, die anfangs vor sich hinplänkelt, eh das Grauen hereinbricht.

Die Jungfer d’Ys
Philip verläuft sich im unwegsamen Moor, bis er auf eine Jungfer trifft, die ihn bei sich aufnimmt. Doch irgendetwas scheint merkwürdig.
Die erste Geschichte, die ohne das verfluchte Theaterstück auskommt (trotzdem in anderer Form darauf referenziert). Ein wenig viel Schmalz, aber eine nette Auflösung.

Das Paradies der Propheten
Ähm… mehrere kleine Textpassagen, die lose aufeinander aufgebaut zu sein scheinen. Leider hab ich den tieferen Sinn dahinter nicht verstanden. Sätze werden immer mal wieder Wort für Wort wiederholt und scheinen eine Art Prophezeihung zu beinhalten.

Die Straße der vier Winde
Der einsame Severn nimmt eine streunende Katze bei sich auf und macht sich auf die Suche nach deren Besitzerin.
Eine klassische kleine Horrorgeschichte, die heutzutage wahrscheinlich ein voraussehbares Ende hat, aber trotzdem unterhält.

Alle Geschichten (bis auf Das Paradies der Propheten) sind auf gleichem soliden Niveau. Im Gegensatz zu Lovecraft ist das übernatürliche nicht kosmisch, sondern eher lokal vertreten und erinnert mehr an Ambrose Bierce. Die übergreifende Präsenz des Königs in Gelb ist für den Leser spannend und man wünscht sich mehr Geschichten, die dieses Theaterstück beinhaltet. (So wie Lovecrafts Necronomicon, das darauf aufbaut). Insgesamt sind die Geschichten nicht überragend, aber unterhaltend und für einen ruhigen Grusel-Leseabend geeignet.

 

Gastrezension von Max


3.5/5