Harry D’Amour ist ein okkulter Detektiv. Er kümmert sich als Privatermittler um Fälle, die mit dem Übernatürlichen zu tun haben. Dabei kämpft Harry gegen Dämonen und hat sich in der Hölle schon einen gewissen Ruf aufgebaut. Eines Tages bekommt er von einem Geist den Auftrag, kompromittierende Stücke aus seinem geheimen Liebesnest zu bergen, bevor seine Familie darauf stößt. Vor Ort stellt D’Amour jedoch fest, dass hier nicht nur harmlose Orgien mit seichter Magie gefeiert wurden, sondern auch seltene Stücke und einmalige magische Exemplare versteckt wurden. Und so stößt Harry auf eine ganz besondere Spieluhr: Die LeMarchand-Box. Sofort von ihr in den Bann geschlagen, beginnt er sie zu öffnen und erst zu spät schafft er es, sich von ihrem Einfluss zu befreien. Das Puzzle löst sich schon selbst, die Tore der Hölle öffnen sich und auf einmal steht D’Amour einem ganz speziellen Zenobiten gegenüber: Pinhead, der im Begriff ist, einen jahrelang sorgfältig vorbereitenden Plan in die Tat umzusetzen.

Kenner von Clive Barker werden bei den Worten Pinhead, D’Amour und LeMarchand wahrscheinlich sofort hellhörig. So sind der Zenobit und die höllische Spieluhr seit dem Buch Hellraiser – Das Tor zur Hölle ein fester Bestandteil der darauf aufbauenden Spielfilm- und Comicreihe. Auch Harry D’Amour ist kein Unbekannter und hatte seinen Erstauftritt im sechsten Buch des Blutes um nach mehreren kleineren Auftritten als Hauptfigur im eigenständigen Roman Stadt des Bösen und ebenfalls in den Hellraiser-Comics etabliert zu werden. Doch auch ohne große Vorkenntnisse lässt sich das Buch lesen, denn es erzählt eine eigenständige, in sich abgeschlossene Handlung und stellt alle Charaktere ausreichend vor. Die Geschichte profitiert jedoch davon, dass dahinter eine ausgearbeitete Welt steckt, die bereits etabliert wurde und dem unbedarften Leser nun vorgestellt wird.

Die Handlung ist spannend und die Absichten des Höllenpriesters sind erst nicht komplett klar, so dass der Leser herausfinden möchte, was er vorhat. Man folgt entweder dem Zenobiten oder dem hinterherjagendem Harry durch die Geschichte. Diese ist in vier Bücher geteilt, die als Einleitung, Hauptteil, Höhepunkt und Schluss dienen. Große Wendungen sind dabei nicht zu erwarten. Das Buch zieht seine Faszination viel mehr aus den Beschreibungen der Schauplätze, die die Protagonisten besuchen. Clive Barker schafft es, alles sehr bildlich zu beschreiben und damit den Leser  sofort in diese Welt zu saugen. Bis auf wohl eine Ausnahme (Dale, ein wirklicher Stereotyp von einem Homosexuellen, der sehr schnell sehr nervig wird) schafft er glaubwürdige Charaktere mit ihren Stärken und Schwächen und lässt den Leser sogar in Pinheads Gefühlwelt. Auf Harrys Seite entspinnt sich eine Art Der Herr der Ringe in der Hölle, in dem er sich mit seinen gesammelten Mitstreitern durch selbige schlägt und unterschiedlichen Gefahren trotzt. Wie John Constantine aus der Comicreihe Hellblazer (nicht Hellraiser. Wer blickt da noch durch?) ist Harry ein Kämpfer gegen das Okkulte, der dabei nicht das typische Heldenklischee erfüllt. Er hat Ängste und tritt auch mal den Rückzug an. Das macht ihn sympathisch und das Buch dadurch angenehm.

Etwas merkwürdig mutet der Prolog an, will er doch nicht ganz zum Rest des Buchs passen. Hier beschreibt Barker ein Blutbad in allen detaillierten Einzelheiten, das mit grausamen Zaubern gespickt ist die den Opfern unvorstellbare Qualen bereiten. Es wirkt maßlos übertrieben, doch danach hält er sich bis zum Ende zurück. Es sterben zwar noch viele, doch die Art ihres Todes ist trivialer Natur und wirkt eher harmlos. Es scheint, als wollte der Autor die Blutgier des Lesers schon am Anfang stillen, um dann in Ruhe seine Geschichte zu erzählen.

Nichtsdestotrotz wird man bis zum Ende gut unterhalten und bekommt Lust, danach stärker in die Welt von Hellraiser einzutauchen. Das Buch passt zu John Constantine Fans und all jenen, die dem Body Horror, dem Höllenthema und einer soliden Geschichte nicht abgeneigt sind.

 

Gastrezension von Max (Der jetzt schon fast so oft wie die Blogbetreiberin schreibt xD)


4/5