Um guten Horror erzeugen zu können, benötigt es nicht immer langer Texte, sondern manchmal erwecken schon die kurzen Geschichten eine Gänsehaut. Sechs solcher Kurzgeschichten vereint 6 Pieces – Meat and Great von Sönke Hansen und Simona Turini.
Mit jeweils drei eigenständigen Geschichten ziehen sie den Leser in ihren Bann und hinterlassen ein Gefühl des Unwohlseins.
Eine Kurzgeschichtensammlung, die für kurzweilige, aber sehr gute Unterhaltung sorgt.

Die ersten drei Texte stammen aus der Feder von Sönke Hansen.

Der Friseur
Es ist mitten in der Nacht. Der Protagonist, der sich selbst als Der Friseur bezeichnet, liegt auf einer Waldlichtung mit einem Messer im Bauch. Er befindet sich mitten im Kampf mit einer Rivalin, die er um alles in der Welt beseitigen will. Und das nicht nur, weil beide den selben Beruf ausüben, sondern auch, weil er ihr langes, unbändiges Haar besitzen will.
Das Ganze ist aus der Ich-Perspektive geschrieben und auch wenn der Protagonist damit beschäftigt ist, dem Leser klar zu machen, worum es geht, wer er ist und warum er das ist, was er ist, weiß man, dass irgendwo die Rivalin auf die Vollendung ihrer Tat lauert.

Discordia
Theo ist Schriftsteller und jüngst ist ihm seine wertvolle Tastatur zu Bruch gegangen. Als er beschließt, sich eine Neue zu kaufen, weiß er noch nicht, wie sehr er ihr verfallen wird.
Wenn eine Leidenschaft zur Obsession und eine Obsession zur Sucht wird. Das hier übernatürliche Mächte am Werk sind, die nur auf ein Opfer warten, gibt der Geschichte einen großen Unterhaltungswert.

Flashback
Der Protagonist torkelt morgens ins Bad und kann sich kaum an die letzte Nacht erinnern. Sein Schädel brummt und ihm ist furchtbar schlecht. Doch was er dann erbricht, lässt ihn nervös werden und spätestens als er in den Spiegel blickt, packt ihn die nackte Angst. Und in seinem Inneren machen sich Gelüste breit, von denen er noch nicht einmal ahnte, dass sie existieren. Mit aller Macht versucht er dagegen anzukämpfen.
Diese Geschichte schrieb Sönke Hansen und Carmen Weinand beendete sie im Rahmen eines Wettbewerbes. Sie hinterlässt den Leser mit einem Gefühl aus Schock und Ekel und hat mich von den dreien am meisten gefesselt und begeistert.

 

Simona Turini schrieb die drei folgenden Geschichten:

Kronos
Eine kleine faszinierende Geschichte über den Wahnsinn eines Mannes, der des Nachts die Sterne beobachtet und irgendwann sicher ist, eine unglaubliche Entdeckung gemacht zu haben. Nacht für Nacht sitzt er vor seinem Teleskop und dokumentiert seinen „Planeten“, doch je länger er sich damit beschäftigt, desto mehr verliert er den Draht zu Realität.
Die Geschichte selbst spielt im 18. Jahrhundert und dokumentiert in Tagebuchform den beginnenden Wahnsinn eines Mannes.

Lass uns über Kot reden, sagte mein inneres Kind
Unser Protagonist ist ein Misanthrop, wie er im Buche steht. Alles um ihn herum nervt ihn und er kann kaum seinen Hass verhehlen. Als dann in der Bahn die Rücksichtslosigkeit anderer Mitreisender ungeahnte Ausmaße annimmt, kann er sich kaum noch zurückhalten und schmiedet einen Racheplan.
Mit dieser Geschichte konnte ich mich persönlich sehr gut identifizieren. Erlebt man doch als Großstädter Tag für Tag die Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit anderer Menschen, die so tun, als wären sie allein auf dieser Welt.

Melissa
Polizeiverhör. Eine ehemalige Krankenschwester sagt in einem Fall aus. Der Doktor und seine Frau wurden verbrannt in ihrem Haus aufgefunden. Doch ihre Körper waren nicht die einzigen Leichen auf dem Grundstück. Mit ihnen wurden noch dutzende verstümmelte Kinderleichen gefunden. Und als die Krankenschwester ihre Geschichte erzählt, können die Polizisten kaum glauben, was sie zu hören bekommen.
Dies ist die stärkste der drei Geschichten, weil sie zunächst unscheinbar, ja beinahe schleppend beginnt, dann aber immer mehr an Fahrt aufnimmt und einen komplett gefangen hält und zu einem unglaublichen Ende führt.

 


★★★★/5