Achtung!
Dies ist der dritte Band einer Trilogie. Der folgende Text enthält nur Spoiler, wenn der erste, sowie der zweite Band, nicht gelesen worden sind.
Der erste Band wird hier besprochen: Der ehrgeizige Mr Duckworth (1)
Der zweite Band wird hier besprochen: Mr Duckworth wird verfolgt (2)

Er ist wieder da! Nein, nicht Adolf Hitler. Morris Duckworth! Fast zwanzig Jahre ist es her, dass Tim Parks den zweiten Band der Trilogie veröffentlichte. Nicht nur der Autor ist seitdem gealtert, sondern mit ihm auch unser lieb gewonnener etwas schrulliger Protagonist. Vieles hat sich in seinem Leben verändert:  die dritte der drei Schwester Trevisan ist nun seine Ehefrau. Zusammen mit ihr hat er bereits zwei Kinder, die sich mitten in der Pubertät befinden. Er hat das Unternehmen Trevisan zu einem bedeutenden Wirtschaftsbetrieb erhoben und sich außerdem in der Stadt einen Namen gemacht. Denn wie eh und je schätzt er die Kunst und die Kultur und ist sich nicht zu schade, sein Geld in alle möglichen Projekte zu stecken. Doch auch privat frönt er seiner zweiten Liebe, der Kunst:  Es hat ihn einige Jahre gekostet, doch er kann eine kleine bescheidene Kunstsammlung sein Eigen nennen.
Mit Vorliebe sammelt er Bilder von Gewalt und Tod und kann sich kaum an ihnen satt sehen. Es ist die Vergangenheit, die ihn in diesen Bildern einholt. Sein ganz persönliches Verständnis für den Akt des Tötens. Und auch die ganze Welt soll daran teilhaben. Nicht weniger als eine eigene Kunstausstellung soll es sein! Von ihm – Morris Duckworth – geleitet, inszeniert und begleitet. Die Welt wird jubeln. Sein Name wird in aller Munde sein. Aber der Bürgermeister und das leitende Museum der Stadt Verona scheinen nicht sehr angetan von seiner Idee. Doch ein Morris Duckworth findet immer einen Weg.

Morris ist älter geworden und damit wesentlich ruhiger und erfahrener. Er hat sich in Verona eingelebt, glaubt Italien nun zu kennen: Die dubiosen Machenschaften und die Korruptheit, die zum Tagesgeschäft dazugehören. Die Unehrlichkeit der Kirche. Dass Geld einem fast alle Türen öffnet.
Die großen Moralvorstellungen, die er als junger Mann vehement vor sich und anderen verteidigt hat, sind nun ein wenig entspannter, lässt er sich selbst doch auch auf jüngere Liebschaften hier und da ein. Homosexualität verpönt er immer noch, doch verurteilt er andere nicht mehr so schnell. Morris ist erwachsen geworden.
Doch die Geister der Vergangenheit suchen ihn immer wieder heim. Sie sprechen zu ihm in seinen Gedanken, die wir als Leser wieder einmal begleiten dürfen. Doch auch hier erleben wir einen wesentlich reiferen Morris Duckworth. Er setzt sich nicht mehr so in Szene wie in seiner Jugend, spielt weniger Theater.
Nur jetzt sind es die Stimmen seiner vergangenen Opfer, die sich in seinem Kopf versammelt haben und ihm oft mit einem klugen Rat zur Seite stehen.
Der Leser begegnet hier der alten Version eines Mannes, den er zwei Bücher lang begleitet hat. Den man nicht immer verstanden, aber immer geliebt hat. Man liebt auch diesen älteren Mann, weil er Verantwortung übernommen hat. Nicht für die Dinge, die er getan hat, obwohl etwas geschehen wird, dass – so wie es scheint – ihn endlich für seine Taten büßen lässt.

Der dritte Teil bringt ein Ende, wie es sich der Leser für Morris Duckworth gewünscht hat. Es kehrt Ruhe ein. Auch wenn die Geschichte eine Berg- und Talfahrt ist und wir den Protagonisten in jeder Stimmungslage begleiten können, so ist Morris am Ende mehr oder weniger am Ziel seiner Reise. Und viel mehr als die ersten beiden Bände besitzt dieser letzte Band den eigentlichen Krimicharakter. War uns doch in den letzten beiden Bänden offenbar, was gespielt wurde, so wird man hier im Unklaren gelassen. Es entspinnt sich eine spannende Geschichte über Intrigen, Geheimnisse. Mord und Vertuschungen, in die Morris eigentlich nur zufällig hineingerät. Die Amnesie des Protagonisten lässt den Leser dieses Mal zweifeln, ob sich Morris nicht nur wieder aus der Schlinge ziehen will oder ob er vielleicht dieses eine Mal doch unschuldig ist. Spannung pur. Und so bleibt am Ende ein kleiner Wermutstropfen, Morris Duckworth Lebewohl sagen zu müssen, aber in der Gewissheit, dass kein besserer Schluss hätte gefunden werden können.


4/5