London, Ende des 19. Jahrhunderts. George Littlemore und Rupert Waterville besuchen ein berühmtes Theater. Der junge Waterville kommt nicht umhin, seinen älteren Kameraden und Freund nach der Ehrbarkeit der anwesenden Damen zu fragen. Das gewählte Beispiel ist die auffälligste Frau im ganzen Saal und wie es der Zufall will, begegnen sie genau eben dieser Dame am Ende der Vorstellung. Es stellt sich heraus, dass diese Dame Nancy Headway ist, eine alte Bekannte von George Littlemore. Sie ist nach London gekommen, um dort in die Gesellschaft aufgenommen zu werden.
Dieses Vorhaben ist ihr in Amerika nicht gelungen, doch mit dem jungen Sir Arthur Demesne, der ganz verzaubert von ihrer Art ist, weiß sie, dass es ihr gelingen wird.
Doch zunächst muss sie die Mutter Demesne überzeugen. Diese traut Nancy nicht über den Weg. Denn Nancy Headway hat eine Vergangenheit. Sie war fünfmal verheiratet und auch sonst werden keine guten Geschichten über sie erzählt. Dies ist keine ehrbare Frau für ihren Sohn. Sie braucht nur den letzten Beweis: das Wort eines Mannes, der diese Frau schon länger kennt, der ihr Wesen kennt und sein Urteil über sie abgibt. Mit diesen Worten könnte Lady Demesne ihre Sohn von einer Heirat abhalten. Jetzt hängt alles an George Littlemore.

Das Bild der Frauen und vor allem der Status eben dieser in der Gesellschaft hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Nancy Headway ist ein Charakter, der durch seine Art und Weise zu Sprechen und zu Agieren in einer Zeit gefangen ist, in der Frauen nur dann gesellschaftsfähig waren, wenn man sie als „ehrbar“ betrachtete. Und Nancy Headway ist alles andere als eine ehrbare Frau. Nicht nur ihre wechselnden Ehemänner und all die kleinen Geheimnisse, die sie mit sich herumträgt, machen es ihr schwierig, in der Gesellschaft, von der sie so gerne Teil sein möchte, akzeptiert zu werden. Sie ist ein Wildfang. Sie kann ihre Emotionen kaum zügeln und redet geradeheraus, was sie gerade denkt oder meint. Wegen ihrer Schönheit finden die Männer sie zumeist amüsant, doch das große Missfallen der Frauen versperrt ihr dann den gesellschaftlichen Status. Aber sie will sich ändern. Sie weiß, dass sie es schafft, wenn sie nur hart daran arbeitet.

Die Männer dieses Buches werden in verschiedene Konflikte rund um diese Frau gebracht. Waterville hat die Wahrheit über Nancy Headway durch seinen Freund erfahren, ist aber trotz dessen, oder auch gerade deshalb, sehr angetan von dieser Frau, möchte jedoch vor Lady Demesne keine Stellung beziehen. Sir Arthur Demesne hingegen ist fasziniert von  ihrer Persönlichkeit, doch weiß er auch um die Sorgen seiner Mutter. Und schließlich George Littlemore. Er will Nancy ihren Weg gehen, will sie ihre Erfahrungen machen lassen. Seiner Meinung nach geht es niemanden etwas an, wie Nancy einmal war. Man sollte sie so sehen wie sie ist. Doch wird er immer wieder gedrängt, zu ihr Stellung zu nehmen, um eine Hochzeit zu verhindern.

Diese Erzählung ist an einigen Stellen sehr komisch. Beispielsweise weiß Nancy um ihren wirren Charakter, kann jedoch nicht an sich halten. Sie ist eine wunderbare Frau mit einem starken und eigensinnigen Willen. Doch sie möchte auch in die Londoner Gesellschaft aufgenommen werden. Als ein Mitglied der Gesellschaft anerkannt werden. Und so ist sie gefangen in dieser Zeit, in der eine Frau nicht immer die sein konnte, die sie gerne sein wollen würde. Die sich in ein enges Korsett der Normen und Regeln zwängt, nur um einen Status zu erreichen, der trotzdem darin endet, von einem Mann beurteilt zu werden ob ihrer Ehrbarkeit.

In einem kleinen Essay, das der eigentliche Erzählung folgt, gibt uns der Autor selbst noch einmal einen Einblick in die damalige Welt und deren Verhältnisse. Er erzählt, woher seine Idee stammt und was ihn daran so fasziniert.
Ein schönes Buch, das hochwertig gebunden in einem flexiblen Leineneinband daherkommt, dass sich zudem noch angenehm lesen lässt und viel Erheiterung und ein wenig Drama mit sich bringt.


4/5