Es war einmal ein verrückter König,

der liebte seine Frau. Er liebte sie so sehr, dass sie bereits sein zweites Kind in sich trug, das bald geboren werden sollte. Der König – Leontes mit Namen – hatte einen Freund, der bereits einige Zeit am Hof weilte. Der Freund, Polyxenes, wollte nun fort und der König konnte ihn nicht zum Bleiben überreden. Doch als seine Frau dies mit lieben Worten bewirkte, erwuchs die Eifersucht ihres Mannes ins Unermessliche. Er wollte seinen Freund töten lassen, doch der getreue Diener schmiedete einen Plan und brachte Polyxenes außer Landes. Der Königin wurde der Prozess gemacht und während sie noch ihr Kind gebar, wurde es ihr entrissen und in ein fremdes Land verschleppt. Dort fanden es zwei Schäfer und erzogen es wie ihre eigene Tochter. Sechzehn Jahre später soll die Liebschaft zu einem Jungen und glückliche Zufälle sie wieder zurück zu ihren wahren Eltern bringen.
Und wenn sie nicht gestorben sind so leben sie noch heute.

Dies ist nur die eigentliche Geschichte.

Eine andere Weise erzählt von einem Schriftsteller, der viel und gern schrieb. Zum Ende seiner Schaffenskraft etwas so 1610 oder 1611 (die Historiker sind sich nicht einig) gab es für den Schriftsteller weit mehr im Theater als nur Komödien oder Tragödien. Es sollten auch Romanzen gespielt werden! Und so ließ er sich die kleine Romanze von der Liebe eines verrückten Mannes zu seiner unschuldigen Frau einfallen. Er dachte wohl, es wäre nicht schlecht, ein glückliches Ende zu finden, doch der Leser sollte sich seiner Sache nicht sicher sein. Weshalb er gleich im ersten Akt einen riesigen Streit heraufbeschwört. Menschen sterben, es herrscht Willkür und Ungerechtigkeit, bis es fast unerträglich wird. Doch der Schriftsteller hatte ein Einsehen und so unterbrach die Zeit das wüste Treiben des verrückten Königs Leontes. Gut so, dachte sich der Dramatiker in ihm wohl. Dieser erste Teil schien gut gelungen und glaubhaft für seine Leser. Die plötzliche Wut des Königs blieb begreiflich und auch die Abwendung sämtlicher Untertanen zu diesem Verhalten trug zur Glaubwürdigkeit der dargebotenen Handlung bei. Derweil taten sich spätere Leser oft schwer mit der Sprache des Schriftstellers, die nicht modern und zeitgemäß daherkommt.

Der Schriftsteller liebte es, seine Darsteller in blumiger, verklausulierter Sprache agieren zu lassen,

ließ sie sich ein ums andere Mal in endlosen Monologen ergehen, deren Sinnhaftigkeit sich wohl in Gänze nur wahren Literaten, Philosophen und Poeten erschließt. Doch er gab sich hier Mühe, blieb in weitesten Strecken verständlich und erzählerisch. Und so machte er sich daran, den zweiten Teil zu schreiben. Dieser sollte fröhlicher und belebender sein, die neue Generation sollte die Fehler der alten wieder gut machen, auch wenn diese stur blieben. Der Schriftsteller erschuf eine glänzende Figur mit Namen Perdita – ein schönes und kluges junges Mädchen – das die Herzen des Leser und des verrückten Königs erweichen sollte. Hätte er im ersten Teil noch mit dunklen Farben gemalt, so geizte er hier wenig mit der Helligkeit. Er schuf einen Kontrast und war zufrieden mit sich.

Was er nicht wusste, war, dass auch noch Leser in der fernen Zukunft mit ihm und diesem Werk zufrieden sein würden. Er hat ihnen durch verständliche Dialoge einen einfachen Zugang gewährt und die Spannung – ob des Endes – immer aufrecht erhalten. Auch wusste er nicht, dass seine Geschichten die Jahrhunderte überdauern würden – vielleicht hat er es insgeheim gehofft. Aber Ehre wem Ehre gebührt. Auch wenn er längst gestorben ist, lebt er doch irgendwie noch heute.


3.5/5