Ein seltsamer Gast

In Iping, einem kleinen englischen Dorf, kehrt ein seltsamer Gast in den Wirtshof ein. Völlig vermummt unter Bandagen und mürrisch bezieht die Gestalt ein Zimmer und lässt sich nur selten blicken. Da ist es weniger verwunderlich, dass sofort die Spekulationen unter den anderen Gästen und Bewohnern beginnen: Was hat dieser Mann zu verbergen? Was befindet sich unter der Vermummung?
Je länger der Gast dort bleibt, desto seltsamer finden ihn die Menschen. Dann geschieht in dem Dorf ein rätselhafter Raub. Natürlich ergreifen die Bewohner die Initiative und wollen den Fremden zur Rede stellen. Denn wer, denn nicht er, soll diesen Raub verübt haben. Doch als dieser die Bandagen endlich löst, ergreift sie Entsetzen. Denn darunter befindet sich…. Nichts.

Vom Helden zum Antihelden

H. G. Wells beschreibt hier die Geschichte des Chemikers Griffin. Zeit seines Lebens beschäftigt wer sich mit außergewöhnlichen Experimenten. Nach einigen gescheiterten Versuchen ist es ihm schlussendlich gelungen, das Unmögliche möglich zu machen: Er wird unsichtbar.
Doch was ihm zunächst als großer Vorteil erscheint, wird ihm schnell zum Verhängnis. Die Menschen haben Angst vor ihm. Denn so etwas können und wollen sie nicht verstehen.
Auch Griffin tut sein Eigenes dazu, denn er ist nicht gerade das, was man als einfachen Zeitgenossen schildern würde. Er wird oft von Zornesanfällen übermannt und ist ansonsten auch sehr impulsiv, wenn nicht gar wahnsinnig veranlagt.
So erlebt der Leser hier einen agierenden Protagonisten, den er zwar grundsätzlich versteht, dem er aber keine Sympathie entgegen bringen kann. Und fehlt die Sympathie, bleibt auch das Mitgefühl aus. So wird der Protagonist, der für den Leser eigentlich ein Held sein soll, zum klassischen Antihelden. Und trotzdem bleibt man gefesselt, denn Wells ist ein großartiger Geschichtenerzähler. Einfach und klar ist seine Sprache. Denn obwohl der Roman bereits 1897 erschien, hat die Sprache auch für den heutigen Leser nichts an seiner Modernität verloren.

A scientific romances

Der Unsichtbare zählt zu den frühen Werken des Autors. Dieser selbst ordnet diesen in seiner Schaffenszeit zu den „scientific romances“, also Romane die man heute als Science Fiction Romane bezeichnen würde.
Wells zeigt hier auf, dass der Traum von der Unsichtbarkeit nicht immer ein positiver sein muss. Denn was die Menschen nicht verstehen, macht ihnen Angst und was ihnen Angst macht, das jagen sie.
Ein wirklich empfehlenswerter und kurzweiliger Roman von einem großartigen Autor.

 


★★★★/5