Der Berliner Autor Max Rhode hat es nicht leicht. Bis auf seinen ersten Roman DIE BLUTSCHULE, waren alle seine Bücher Flops. Mit seinem jetzigen Entwurf geht es auch eher schlecht als recht voran und die Beziehung zu seiner Frau ist alles andere als rosig. Sein einziger Lichtblick ist seine zehnjährige Adoptivtochter Jola, die er über alles liebt und die auch sehr an ihrem Vater hängt. Als eines Tages dann auf einmal das Jugendamt vor Max‘ Tür steht, um Jola ohne Wenn und Aber zurück zu ihren richtigen Eltern zu bringen, handelt er schnell und impulsiv und flieht mit ihr im Auto, nur um kurz darauf einen Unfall zu erleiden.
Als er später im Krankenhaus erwacht ist Jola weg. Doch er hört sie, denn in seinem Ohr befindet sich versteckt ein Ohrhöhrer, über den seine Tochter ihm erklärt, dass sie gekidnappt wurde und Max alles tun muss, was sie vorliest, da sie sonst stirbt. Verzweifelt und ratlos scheint seine einzige Hilfe ausgerechnet sein psychopatischer, pädophiler Bruder Cosmo zu sein. Bald schon finden sie heraus, dass nicht nur das Leben seiner Tochter von ihnen abhängt, sondern seine Taten das Leben aller Menschen beeinflussen werden. Denn Joshua hat ihn auserwählt. Und Joshua irrt nicht.

Wirkt DAS JOSHUA-PROFIL zu Anfang wie ein typischer Thriller, in dem es um eine Kindesentführung von einem Psychopathen geht, entwickelt sich die Geschichte mit der Zeit zu einer globalen Verschwörungsstory, die die Entwicklung unserer heutigen Gesellschaft widerspiegelt. Dass alles schafft Fitzek ohne den erhobenen Zeigefinger. Er greift einfach eine Thematik auf und erschafft ein „Was-wäre-wenn“-Szenario ohne große Gewichtung. Der Clou am Buch ist, dass der Autor es trotzdem schafft, von der Verschwörung zum Ende hin durch eine überraschende Wendung wieder auf einen packenden bodenständigen Thriller runterzukommen, um den Leser bis zur letzten Seite zu begeistern.

Es ist immer interessant, wenn Bücher in der Stadt spielen, wo der Leser aufwuchs, so entsteht ein völlig eigenes Gefühl, wenn man die Schauplätze vor Auge hat, sie auch kennt und selbst in der Nähe wohnt. Dadurch wird so manche Handlung der Protagonisten realer.
Der Leser erfährt die ganze Geschichte auch nicht nur aus Max‘ Sicht. So wird die Handlung auch unter anderem aus der Sicht von Jola und Cosmo, so wie anderen Nebencharakteren oder den Antagonisten erzählt. Doch nur beim Autor wird in der Ich-form geschrieben, wodurch diese Passagen wesentlich persönlicher wirken.

Nicht jedem mag die Entwicklung von Thriller zu Verschwörung gefallen,  auch weil die Idee dahinter nicht gerade neu ist, aber sie bringt definitiv frischen Wind in die typische „Kind wird entführt und der Vater will sie retten“-Geschichte. Ab und zu wirken manche Herleitungen des Protagonisten etwas zu dünn. Hier bekommt der Leser das Gefühl, dass ihm nur um der Handlung willen plötzlich eine Erkenntnis trifft. Auch Jola agiert für eine zehnjährige manchmal wesentlich zu erwachsen, was Fitzek damit zu erklären versucht, dass sie schon immer ein aufgewecktes und intelligentes Kind war. Es  hinterlässt trotzdem einen leichten Beigeschmack.

Fitzek schreibt packend. Immer will die nächste Seite, das nächste Geheimnis aufgedeckt werden. Wer ist Joshua? Was hat das alles mit DIE BLUTSCHULE zu tun? Warum war nur dieses Buch erfolgreich? Wie geht das alles aus? Es wird auf Tabu-Themen wie Missbrauch, Misshandlung und Pädophilie ganz offen eingegangen. Trotz ganz kleiner Schwächen und dem Verschwörungseinschlag fesselt es und spannt den Leser an und genau das muss ein guter Thriller tun. Der Autor hält sich auch mit Gewalt nicht zurück und wird gern explizit. Fans des Genres können sowieso zugreifen, doch auch andere werden es nicht bereuen, dieses Buch gelesen zu haben. Doch passen sie auf, ansonsten hat Joshua auch bald Sie auserwählt.

 

Gastrezension von Max (nicht Rhode) ><“


4.5/5