Worum es in Billy eigentlich gehen sollte:

Billy ist ein Auftragskiller. In einem Familienunternehmen. Zweimal im Jahr nehmen sie einen Auftrag an.
Er und sein Bruder sind die Exekutive. Vollstreckt wird jedoch nicht die Strafe, sondern der Mord. Denn ihre Opfer sind selbst Mörder. Aber nicht solche, die aus dem Affekt heraus gehandelt haben oder versehentlich. Nein. Nur die richtig bösen Jungs werden von ihnen umgebracht.

Sie spüren sie auf, lassen sie ihre Geschichte erzählen. Dann gibt es einen letzten Song und peng. Auftrag erledigt.

Das alles passiert wirklich.
Die Geschichte hätte sich von Mord zu Mord hangeln, die Opfer näher betrachten sollen. Den Auftragskiller. Warum er das tut, was er tut. Sein Leben, seine Familie. Billy hätte ein Abenteuer erleben können. Schließlich ist er jetzt in Vegas, Baby. Koks, Nutten und Verbrechen. Was könnte man sich besseres für einen tollen Roadmovie vorstellen?

Worum es in Billy wirklich geht:

Philosophie. Und das nicht einmal wirklich.
Die Geschichte beginnt großartig mit einer Szene, in der Billy sich gerade in der Vollstreckung seines Auftrages befindet: Ein letzter Song, ein letzter Wimpernschlag und die Geschichte beginnt.

Und dann driften wir ab in Billys Kindheit, wie alles begann. Warum er bei seinem Onkel landete, wie dieser ihn großzog. Der Onkel war es auch, der Billy mit der Philosophie vertraut machte. Als Billy alt genug war, bekam er schließlich das Angebot, ins Familienunternehmen einzusteigen. Er sagte ja.
Immer wieder springt der Autor von der Gegenwart in die Vergangenheit in die Gegenwart in die Vergangenheit. Wobei weite Teil des früheren Billys wesentlich interessanter sind, als das, was wirklich passiert.

Denn im Grunde passiert eigentlich gar nichts. Billy fliegt nach Amerika. Dort will er sich mit einem Freund treffen, doch die Anreise erweist sich als beschwerlich. Er muss weit reisen, sein Auto bleibt liegen, er schlägt sich zu Fuß durch Vegas. Dann trifft er endlich auf diesen einen Freund und die Geschichte könnte Fahrt aufnehmen, doch tut sie es nicht.

Erst das Ende ist so etwas wie der Versuch einer Wiedergutmachung. Der große Showdown. Der dann doch unbefriedigend bleibt.

Ich habe lange überlegt, was mich eigentlich so sehr stört.

Im Prinzip ist es der Ich-erzählende Protagonist. Wir haben hier Billy, einen Auftragskiller. Einen Killer, der das Töten zwar nicht im Blut hat, dennoch seine Skrupel und Scheu davor überwinden kann. Zwölf Morde hat er insgesamt bereits erledigt. Doch dann gibt es diese Szenen in denen Billy in den Dialog mit anderen tritt. Er begegnet Frechheit, ungewohnten Antworten und eigentlich fast jeder Art von Entgegnung, ja ich würde fast sagen mit Unsicherheit. Er kann sich in Gesprächen nicht durchsetzen, bleibt der Überforderte. Und das obwohl er immerzu in seinem Geist redet und redet und redet. Nicht nur das er uns seine Vergangenheit erzählt, er erzählt uns auch von der Philosophie. Aber nie tiefgründig genug, dass der Leser selbst zum Nachdenken angeregt wird. Oder zum Selbststudium.

Er benennt interessante Aspekte der Philosophie und ihrer Vertreter, bleibt dabei immer oberflächlich und dadurch uninteressant.

Im Grunde sind es nur der Anfang und der Ende, die überzeugen können. All das dazwischen ist Gerede ohne weiteren Spannungsbogen. Das ist schade, denn die Sätze, die der Autor schreibt sind von einer eigenen Kraft. Sie sind meist kurz und prägnant, ja fast schnörkellos. Sie bezeichnen immer genau das, was gesagt werden muss, auf den Punkt. Geradeheraus. Man liest sie gern. Was man nicht gern liest, ist die Geschichte.


3/5