Eigentlich ist alles wie immer. Doch das Wort „eigentlich“ verheißt von jeher nichts Gutes. Denn jetzt kommt das Aber.
Aber Moritz wacht auf und gar nichts ist wie immer. Auch wenn er es nicht gleich merkt. Dass er am wichtigen Meeting seiner Firma nicht teilnehmen darf, obwohl er als Kameramann doch eine tragende Position besitzt, verwirrt ihn zwar, doch hat nicht jeder Chef mal seine schlechten Tage? Doch als seine Freundin dann die Polizei ruft, weil er ungefragt und ungebeten vor ihrer Haustür steht und diese ihn einbuchtet und über Nacht in seiner Zelle vergisst, dämmert ihm langsam, dass etwas ganz und gar nicht stimmen kann. Und ist er eigentlich verrückt oder ist das Wesen, dass ihn des Nachts besucht, und ihm offensichtlich nach dem Leben trachtet, tatsächlich real?

Was ist nur los mit der Welt und warum gerade er? Was soll das alles?
Was er noch nicht weiß, aber bald herausfindet, ist, dass es noch andere wie ihn gibt. Andere, die ebenfalls aus ihrem Leben gerissen worden sind, die vom Rest der Welt vergessen wurden und die auch die Angriffe von Wesen ertragen müssen, die ihnen den Lebenssaft mit jedem Besuch mehr auszusaugen scheinen.
Und so stellt sich bald die Frage, ob sie dem Tod machtlos entgegentreten oder ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, der Ursache auf den Grund gehen und den Kampf mit den Wesen aufnehmen sollen.

Man wacht auf und nichts ist mehr so wie es einmal war. Niemand erkennt einen mehr, man verliert Job, Partner und Wohnung und wird mit nichts mehr als sich selbst auf der Welt zurückgelassen. Eine grausame Vorstellung, die für den Protagonisten des Buches zur brutalen Realität wird. Nicht nur, dass er sich mit weltlichen Problemen konfrontiert sieht, bindet der Autor hier noch eine übernatürliche Komponente ein, die den handelnden Figuren zwar Angst macht, doch ihnen zugleich ein Fünkchen Hoffnung auf Erlösung gibt.

Nicht immer ist alles in sich schlüssig dargestellt. Die Regeln, nach denen das Vergessen erfolgt, scheinen in diesem Buch nicht festgeschrieben und eher willkürlich zu sein. So vergisst die Polizei beispielsweise Moritz in seiner Zelle und kann sich am nächsten Tag auch nicht daran erinnern, ihn überhaupt auf der Dienststelle aufgenommen zu haben. Er war für sie verschwunden, sobald er aus ihrem Gesichtsfeld trat. Dann, einige Seiten später, ruft er seinen Vermieter an, um die eine von ihm demolierte Tür austauschen zu lassen. Am Telefon werden keine Fragen oder Zweifel bezüglich seiner Identität geäußert. Eine halbe Stunde später erscheint ein Handwerker und übergibt den neuen Haustürschlüssel. Dies sind aber Kleinigkeiten über die man stolpern kann, die aber den Fluss der Handlung weder stören noch unterbrechen und auch die Lust and der Geschichte nicht mindern.

Das Gute ist, dass die Handlung nicht auf einem einsamen Protagonisten verweilt, der irgendwann in Selbstmitleid versinkt und der irgendwie immer verzweifelter wird und der dem Leser den letzten Nerv raubt, weil jede Situation sich im Kreis dreht. Nein. Es bildet sich hier eine Allianz der Vergessenen, die sich alle im gleichen Dilemma wiederfinden und doch jeder auf seine Weise unterschiedlich damit umgegangen ist. Jede Person ist eine eigener Charakter, der in seinem Sinne etwas zur Geschichte beitragen kann. Und natürlich haben wir wieder einmal die obligatorische Liebesgeschichte, die im Grunde genommen zwar überflüssig, jedoch nicht besonders störend ist.
Und auch, wenn einige Personen und ihre Handlungen mehr als vorhersehbar waren, so kann man diesem Buch durchaus einen gewissen Spannungsgrad entnehmen, der einen fesselt und bis zur letzten Seite festhält.


4/5