Sein Name ist BA 5799.

Doch anders als in üblichen Romanen, wo wir oftmals einem Erzähler begegnen, den wir uns im Geiste als leibhaftigen Menschen vorstellen, probiert sich dieses Buch in einer ganz neuen Perspektive. Dies ist nicht im stilistischen Sinne gemeint, denn gleichwohl wir keine erzählenden Personen antreffen, sind die einzelnen Kapitel dennoch in der Ich-Perspektive geschrieben.

Nein, wir treffen hier auf Gegenstände. 45 an der Zahl. Auf 348 Seiten und auf kleine Kapitel verteilt, entsteht immer mehr aus den einzelnen Puzzleteilen ein großes Gesamtbild. Die Sicht der Gegenstände ist oft eingeschränkt und geht nicht über ihren eigenen Horizont hinaus, deshalb ist es umso interessanter, beim Lesen nach und nach die Gesamtheit zu entdecken.

Die Gesamtheit besteht aus drei verschiedenen Schauplätzen.

Es ist Krieg und Soldaten sind in einem fremden Land stationiert. Einer von ihnen ist Tom Barnes, eben BA 5799. Tom läuft unheimlich gern und lässt sich das selbst in diesem eingeschränkten Umfeld nicht nehmen. Überall im weiten Land sind Bomben vergraben, die bei Kontakt jederzeit explodieren können. Doch Tom ist ein guter Captain und bis jetzt hat er immer Glück gehabt.

Bis ihm eines Tages sein Glück verlässt. Damit betreten wir den zweiten Schauplatz, nämlich das Leben Barnes nach dem Einsatz. Durch die Detonation verlor er ein Bein und durch eine fiese Infektion auch noch das andere. Nun muss er sich an sein neues Leben gewöhnen und mühsam lernen, mit seinem Körper zurecht zu kommen.

Der dritte Schauplatz führt uns wieder zurück zum Kriegsgeschehen. Doch diesmal betrachten wir nicht die Seite der Soldaten, sondern diejenigen, deren Land besetzt wurde und nun zum Frieden geführt werden sollen. Schnell kristallisieren sich auch dort zwei Lager heraus, nämlich die, die in der Stationierung eine Chance sehen und die, die die Gottlosen aus ihrem Land heraus wollen.

Spezielle Erzählperspektive

Klar, erst einmal ist die ungewöhnliche Erzählart etwas gewöhnungsbedürftig. Doch schnell hat man sich daran gewöhnt und man stört sich weniger durch die Ich-Perspektive der verschiedenen Gegenstände. Wie selbstverständlich nehmen wir die Geschichte aus der Sicht eines Schuhs oder einer Knochensäge oder eines Fahrrades auf. Allerdings vergisst man nie, wer hier erzählt. Vielleicht deshalb bewahrt man auch immer eine gewisse Distanz zum Geschehen. So fehlt es diesem Roman an Emotionalität und den Bezug zu dem eigentlichen Protagonisten. Das Geschehen, so brutal es teilweise ist, bleibt immer auf Abstand. Mir persönlich fehlte deshalb der Bezug. Man betrachtet die ganze Geschichte als etwas weit Entferntes und nicht als das wirklich Grausame, das es eigentlich ist.

Es gibt durchaus bestimmte Kapitel, die anrührend sind und die einen als Leser auch schlucken lassen. Gerade, wenn der Protagonist mit seinen neuen Beinen versucht neu laufen zu lernen oder als die Infektion sich weiter in das Bein frisst, gibt es Momente in diesem Buch, die nachdenklich stimmen und wo sich beim Lesen die Augen vor Schreck weiten. Aber insgesamt reicht es nicht, um eine dauerhafte Bindung zum Geschehen aufzubauen.

Ein Roman über Krieg und das Leben

Vielfältig beweist sich der Roman dahingegen, dass er sich nicht nur verschiedener Perspektiven bedient, sondern sowohl die eine als auch die andere Seite betrachtet. Die Motivation der jeweiligen „Gegner“ werden schlüssig aufgezeigt, Handlungsweisen nachvollziehbar dargestellt und auch die Bindung der Personen untereinander ausreichend und glaubhaft gezeichnet.

Das Buch ist einer wahren Begebenheit nachempfunden. Der Autor selbst war im Krieg im Irak und Afghanistan und verlor dadurch schließlich beide Beine. Ein autobiographischer Bezug ist damit nicht mehr von der Hand zu weisen.

Geschichten über den Krieg stimmen mich tendenziell eher depressiv, entlocken mir hier und da auch eine Träne. Dieser Roman bleibt jedoch aufgrund der bereits dargelegten Distanz für mich lesbar. Die Realität, die hinter solchen Romanen steckt, ist es, die mir zu schaffen macht, doch ist es auch wichtig, sie immer wieder einmal vor seine Augen zu führen, um nicht zu vergessen.

Es ist beachtenswert, wie der Protagonist mit seinem Leben umgeht, wie er immer weiter kämpft und den Optimismus in sich bewahrt. Besonders eines der letzten Kapitel konnte mich zum Schmunzeln bringen. Barnes behält in allem seine Lebensfreude und das ist bewunderswert.

 


3/5